Die Geschichte der Bücherei Reutte/Stadtbibliothek Reutte reicht bis ins Jahr 1869 zurück. Dort gab es bereits einen Leseverein (erwähnt im Brennerbuch. Naturansichten und Lebensbilder von Tirol; Noe, Heinrich).
Zwischen 1914 und1917 diskutierte man über die Einrichtung einer Bibliothek für die Ordensmitglieder des III. Ordens (Tertiaren).
Es fiel die Wahl auf einen Platz im Kreuzgang. Hier wurde ein von Alois Lumper gespendeter Milchkasten aufgestellt. Damaliger Bestand waren Hefte und Zeitschriften wie z. B. Franziskusglöcklein, Missionszeitschrift oder Herzjesu-Sendboten. Unterhaltungsliteratur von der St. Josefs-Bücherbruderschaft gespendet, war auch dabei. Von P. Gottwald wurde 1919 der Milchkasten ausgeräumt, gewaschen und mit Kalk getüncht. Die Bücher wurden von P. Gottwald teilweise hergerichtet und neu gebunden.
1919/1920 umfasste der Bestand ca. 400 Bände, das meiste waren Zeitschriften, die gebunden waren.
11. April 1920 wurde die Bücherei als Tertiaren-Bibliothek eröffnet.
Die Bibliothek trat dem Bibliotheks- und Leseverein Wien bei, hier konnten günstig Bücher gekauft werden.
Vielen Leuten in Reutte schien der Titel „Tertiarenbibliothek“ zu bigott und sie glaubten, in derselben seien nur ausgesprochen religiöse Werke zu finden. Auf Anraten wurde nun der Titel geändert und von 1921 an „Volksbibliothek“ genannt. Die Bibliothek blieb trotz geändertem Titel Eigentum des III. Ordens. Als Bibliothekarin und Kassierin wurde Frl. Marie Wurm angestellt.
Zweck der Bibliothek: Es galt dem Volk ein Angebot an einigermaßen gute, sittlich religiöse Lektüre anzubieten. Schlechte Lektüre sollte verdrängt werden. Die Bibliothek sollte bildend, erzieherisch und belehrend auf die Bevölkerung einwirken. Das Angebot umfasste alle Altersgruppen und soziale Schichten – vom Schulkind bis zum Greis, für höhere Stände bis zum Arbeiter.
Die Lage in der Kirche war bequem, mitten im Markt und verursachte im Kloster keine Störung. Zu den Bibliothekszeiten konnten Bücher abgegeben und abgeholt werden, ansonsten bei Frl. Wurm privat zu Hause. Die Bibliothek war, wenn nicht geöffnet, wegen der Zugluft im Klostergang mit Wänden abgesperrt. Sehr zur Freude des Pförtners, da es an der Pforte nun nicht mehr so zog.
Weitere Kästen wurden bestellt. Die Fa. Speckbacher spendete Material zum Buchbinden.
1922 umfasste die Bibliothek 3300 zum Teil sehr teure Bände. Davon hatte P. Gotthard ca. 2000 eingebunden.
Bestandsentwicklung in den ersten fünf Jahren:
1921 360 Leser 8500 Ausleihen 2400 Bücher
1922 530 Leser 13760 Ausleihen 3300 Bücher
1923 650 Leser 14485 Ausleihen 3351 Bücher
1924 772 Leser 16370 Ausleihen 3812 Bücher
1925 972 Leser 17670 Ausleihen 4201 Bücher
1923 starb der Gründer der Bibliothek, P. Gotthard. Sein Nachfolger wurde P. Eberhard Aichinger.
1927 befanden sich im Klostergang bereits 13 Kästen, die als Bibliothek dienten. Da der Platz nicht mehr ausreichte, überlegte man, wohin mit der Bibliothek.
Die Fam. Lechleitner erhielt zum Bau ihres Hauses einen Teil des Klostergartens überlassen – mit der Bedingung dort ein Lokal für die Bibliothek und für ein Probelokal für die Musikkapelle und den Kirchenchor zu errichten. Das Haus wurde 1927 gebaut. 1928 bestellte P. Eberhard Bretter für 4 Stellagen.
Am 11. März 1929 übersiedelte die Bibliothek ins Lechleitner-Gebäude. Bei dieser Aktion wurden alle Bücher neu eingekleidet.
Sonntag, 17. März 1929 erste Buchausgabe nach Übersiedlung ins Lechleitner-Haus
1929 1316 Leser 14.039 Ausleihen 5808 Bücher
1929 wurde eine Versicherung bei der Tiroler Landes-Brandschadenversicherung abgeschlossen.
Am 5. 6. 1929 fand im Zeichensaal der Hauptschule Reutte ein Bücherkurs statt.
1931 nach zwei Jahren rostete der Blechofen in der Bibliothek durch. Der Einbau einer Zentralheizung wurde mit den Einnahmen aus der Aufführung des Theaterstückes „Der Sohn des Zuchthäuslers“ finanziert. Der erste eingebaute Heizkörper war zu klein, so musste ein Jahr später ein größerer eingebaut werden.
2. April 1939 – Die Bibliothek wird während der Zeit des Nationalsozialismus in den Gemeindebesitz überführt. Am 15. 10. 1945 wurde sie wieder an die Tertiarengemeinschaft in Reutte zurückgegeben.
Während der Kriegszeit erhielt Büchereileiterin Maria Wurm Belobigungsschreiben von Seiten der Gauleitung.
Bestand 1939 – rd. 8800 Bände – Ausleihen 9486
Bei Rückgabe 1945 – war der Buchbestand viel geringer – die Einnahmen musste Frl. Wurm immer bei der Gemeinde abgeben.
Im Jänner 1965 übersiedelte die Bibliothek wieder ins Kloster. Zuerst in den Anbau bei der Sakristei, 1976 in Raum neben der Stiege, wo sie am 11. 11. als Freihandbücherei neu eröffnet wurde.
1976 260 Leser 5672 Ausleihen 2900 Bücher
1987 250 Leser 3201 Ausleihen 4224 Bücher
1989 fand ein Aufsatzwettbewerb anlässlich der 500-Jahr-Feier Markt Reutte statt, veranstaltet von der Bücherei.
Am 8.11.1996 feierte man das Jubiläum „75 Jahre Bücherei St. Anna“. Dazu gab es einen Lesezeichen-Wettbewerb.
Zu dieser Zeit bestand das Team der Bibliothek aus 6 Damen.
Am 21. Jänner 2002 erhielt die Bibliothek den Sparkassenpreis 2002.
2007/2008 fand die Übersiedelung in die neue Bibliothek in der Planseestraße statt, welche am 21. 10. 2008 dort feierlich eröffnet wurde.
2008 436 Leser 3706 Ausleihen 6858 Medien
2009 602 Leser 5245 Ausleihen 7117 Medien
2010 713 Leser 5715 Ausleihen 6548 Medien
2011 1112 Leser 9606 Ausleihen 6468 Medien
Am 4. 11. 2011 konnte das 90-jährige Jubiläum der Bibliothek gefeiert werden.
2012 1279 Leser 10698 Ausleihen 6933 Medien
2013 1485 Leser 11737 Ausleihen 7818 Medien
2014 1617 Leser 11840 Ausleihen 7883 Medien
2015 1779 Leser 12754 Ausleihen 8012 Medien
2016 557 Leser 13327 Ausleihen 7541 Medien
In diesem Jahr wurde die Leserkartei bereinigt. Leser, die mehrere Jahre nichts entlehnt hatten, wurden aus der Datenbank gelöscht. Für die Statistik werden nur mehr Leser angegeben, die im genannten Zeitraum auch ausgeliehen hatten. Ebenso erfuhr der Bestand eine Bereinigung.
2017 451 Leser 12450 Ausleihen 7976 Medien
2018 478 Leser 11980 Ausleihen 7510 Medien
2019 452 Leser 11267 Ausleihen 7165 Medien
2020 430 Leser 9203 Ausleihen 8709 Medien
2020 hatte die Bibliothek 13 Wochen aufgrund des Lockdown während der Covid 19-Pandemie geschlossen.
Seit der Übersiedelung in die Planseestraße finden in der Bibliothek regelmäßig Veranstaltungen statt. Die Öffnungszeiten wurden in dieser Zeit auf 18 Stunden pro Woche erweitert. Zudem wurde das Angebot um viele verschiedene Serviceleistungen erweitert.